Das neue chinesische Foreign Investment Law

02.04.2019

Einführung

Der chinesische Volkskongress hat am 15.03.2019 das neue Foreign Investment Law (FIL) erlassen. Das FIL tritt zum 01.01.2020 in Kraft und ersetzt ab diesem Zeitpunkt drei der derzeit für ausländische Investitionen maßgeblichen Spezialgesetze.

 

Das neue Gesetz war mit Spannung erwartet worden. Hintergrund ist die seit Jahren schwelende Auseinandersetzung zwischen China und seinen internationalen Partnern über die gegenseitige Gewährung von Marktzugang (Reziprozität). Bereits im Jahr 2015 hatte China einen ausführlichen Entwurf für das Foreign Investment Law vorgelegt. Im Vergleich dazu kommt das neue Gesetz nun in deutlich abgespeckter Version daher.

 

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Das Gesetz benennt kaum konkrete Rechtsfolgen. Wesentliche Themen, die rund um den Entwurf auf dem Jahr 2015 diskutiert wurden, bleiben offen. Insbesondere bleibt es auch unklar, ob die aktuellen Vorschriften für M&A und Re-Investitionen nach Inkrafttreten des FIL weiter gültig bleiben.  Ausländische Unternehmen sollten daher – auch angesichts der fünfjährigen Frist zur Umsetzung des Gesetzes – zunächst abwarten, wie das Gesetz durch weitere Umsetzungsvorschriften konkretisiert wird. Welche To Dos bereits absehbar sind und auf welche Punkte Sie als in China tätiges Unternehmen achten sollten, haben wir hier zusammengefasst:

 

Wesentliche Inhalte des FIL und Schlussfolgerungen

 

1. Anpassungsbedarf vor allem für Equity Joint Venture

Die Organisationsstruktur und interne Regeln für alle ausländisch investierten Unternehmen richten sich zukünftig ausschließlich nach dem auch für rein chinesische Unternehmen geltenden Company Law. Das bedeutet, dass alle Unternehmen, deren Organisationsstruktur nicht den Vorgaben des Company Law entspricht, ihre internen Verträge, wie z.B. Satzungen der Gesellschaft, anpassen müssen.

 

In den letzten Jahren gegründete WFOE sind in der Regel bereits nach den Vorgaben des Company Law organisiert und dürften von der Gesetzesänderung in diesem Aspekt kaum betroffen sein. Für ältere WFOE, deren Organisationsstruktur noch auf alten, bereits überkommenen gesellschaftsrechtlichen Vorgaben beruht, sollte die Gesetzesänderung Anlass sein, ihre Strukturen anzupassen.

 

Maßgeblich betroffen sind hingegen Equity Joint Venture. Diese Organisationsform wird typischerweise für ausländisch-chinesische Joint Venture gewählt. Die zentralen Unterschiede sind:

 

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Unternehmen, die gerade ein Joint Venture mit einem chinesischen Partner verhandeln, sollten eine individuelle Strategie entwickeln, wie sie mit der Gesetzesänderung umgehen wollen. Da das FIL erst 2020 in Kraft tritt, müssen alle 2019 zu gründenden Joint Venture noch nach den Joint Venture-Gesetzen organisiert sein. Die Parteien können aber zum Beispiel bereits regeln, wann innerhalb der Übergangsfrist bis 2024 der Übergang erfolgen soll und wie dieser sich inhaltlich auswirken soll.  

 

2. Negativlisten-System für ausländische Investitionen bleibt bestehen

Das FIL bestätigt das bekannte Negativlisten-System. Danach ist zunächst die Zulässigkeit jeder ausländischen Investition anhand der Negativliste für ausländische Investitionen (je nach Standort nationale Liste oder spezielle Liste in Free Trade Zones) zu prüfen.

 

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Zusätzlich gilt für sämtliche Investitionen – chinesischer wie ausländischer – seit Ende 2018 die „Negativliste für Marktzugang“. Diese Liste enthält, unterteilt nach Branchen, Vorgaben für den Betrieb von Unternehmen. Hierzu gehören beispielsweise spezielle Zulassungen und Lizenzen, z.B. für die Produktion und Vertrieb bestimmter Produkte oder inhaltliche Vorgaben, wie z.B. Mindeststammkapital für Investitionen in bestimmten Bereichen.

 

3. Verstärkte Kontrolle von ausländischen Unternehmen?

Eine Frage, die in den nächsten Monaten und Jahren zu beobachten sein wird, ist, ob mit dem FIL und den noch zu erlassenden Umsetzungsvorschriften eine verstärkte Kontrolle von Unternehmen in China einhergehen wird.

 

Allgemein ist ein Trend zu erkennen, dass China Voraussetzungen schafft, Aktivitäten von Unternehmen stärker zu erfassen, z.B. durch die Digitalisierung von Registrierungsprozessen oder die Zusammenführung von Informationen im Rahmen des Enterprise Credit Systems für Unternehmen (vergleichbar zum Social Credit für natürliche Personen, den aktuellen Status Ihres Unternehmens können Sie unter https://www.creditchina.gov.cn/ prüfen).

 

Das FIL selbst spricht abstrakt von der Einführung eines Meldesystems für ausländische Investitionen und verweist auf die Informationen, die bei der Unternehmensregistrierung und im Rahmen des Enterprise Credits erfasst werden. Hier wird sich zeigen müssen, ob es bei den ohnehin schon erfassten Informationen bleibt, oder ob weitere Mechanismen geschaffen werden.

 

Ein weiterer offener Punkt ist das Thema „Sicherheitsprüfungen bei ausländischen Investitionen mit Bezug zur nationalen Sicherheit“ (Security Review). Diesem Thema war im Entwurf von 2015 noch ein ganzes Kapitel gewidmet. Im finalen FIL finden sich hierzu noch genau zwei Sätze. Hier müssen zunächst konkretisierende Umsetzungsvorschriften abgewartet werden, insbesondere wie diese sich zu den bestehenden Regelungen zu Sicherheitsprüfungen bei M&A-Deals verhalten.

 

4. Gefahr für Lizenzmodelle zur Umgehung von Marktzugangsbeschränkungen?

Ein Bereich, den ausländische ebenfalls im Blick haben sollten, sind sogenannte „Variable Interest Entity“ (VIE). Diese werden genutzt, um Marktzugang in Bereichen zu erlangen, die für ausländische Investitionen eigentlich nicht zugänglich sind (siehe oben zur Negativliste für ausländische Investitionen.

 

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Das FIL erfasst – ohne dies detailliert zu konkretisieren – auch „indirekte Investitionen“ von ausländischen Unternehmen und „Investition von ausländischen Unternehmen in anderen Formen“.

 

Es ist daher durchaus denkbar, dass chinesische Behörden auf Basis des FIL gegen Modelle, die der Umgehung der Zugangsbeschränkungen der Negativliste dienen, vorgehen bzw. diese zumindest inhaltlich prüfen, ob das ausländische Unternehmen etwa durch die Lizenzverträge eine Rechtsstellung erlangt, die ähnlich der eines Gesellschafters ist.  

 

5. Mehr Gleichbehandlung für ausländische Unternehmen?

Schließlich enthält das FIL einige beschreibende Artikel, die die zunehmende Gleichbehandlung von ausländischen und chinesischen Unternehmen widerspiegeln sollen. Hier wird abzuwarten sein, wie die Umsetzung in der Praxis erfolgt.

 

Beispiele für Regelungen sind der propagierte Schutz von geistigem Eigentum und Geschäftsgeheimnissen ausländischer Unternehmen (Art. 22, 23) oder die Gleichbehandlung von ausländischen Unternehmen im Rahmen von Standardisierungsprojekten oder bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen (Art. 15, 16).

 

Einschätzung

Das neue FIL führt im Vergleich zu den aktuell bestehenden Regelungen zu ein wenig mehr Gleichbehandlung in Bezug auf die Organisationsstrukturen von ausländischen Unternehmen (siehe Punkt 1). Auf der anderen Seite bleibt es aber bei der grundsätzlichen Unterscheidung von ausländischen und chinesischen Investitionen. Eine tatsächliche Gleichbehandlung würde erst mit weiterer Verringerung bzw. Abschaffung der Negativliste erfolgen.