Spezielle Vorschriften für Ausländer: 6-Jahres-Regelung und kurzfristige Entsendungen nach China

10.05.2019

Zu Beginn des Jahres ist eine umfassende Reform des chinesischen Einkommenssteuerrechts („IIT-Gesetz“) in Kraft getreten. Bei den neuen Vorschriften im Rahmen der IIT-Reform standen zunächst die neu eingeführten speziell absetzbaren Ausgaben für chinesische Staatsbürger sowie die grundlegende Anpassung des Besteuerungssystems im Fokus.

 

Nun gibt es weitere Umsetzungsvorschriften, welche die Besteuerung von Ausländern weiter konkretisieren. Insbesondere werden (siehe unten 1) die Voraussetzungen für die Befreiung der Besteuerung vom Welteinkommen für langfristig in China arbeitende Ausländer weiter detailliert. Zudem werden (siehe unten 2) die Regeln für die Besteuerung von kurzfristigen Entsendungen nach China aufgestellt. Die entsprechenden Bekanntmachungen Nr. 34 und Nr. 35 des chinesischen Finanzministeriums und der zentralen Steuerbehörde (STA) gelten rückwirkend ab dem 1. Januar 2019. Im Folgenden fassen wir die wesentlichen Punkte für Sie zusammen:

 

1. Befreiung von der Besteuerung des Welteinkommens: 6-Jahre-Regelung

Der neue Begriff der Ansässigkeit (Aufenthalt in China für mehr als 183 Tage kumulativ pro Kalenderjahr) in dem neuen IIT-Gesetz hatte im letzten Jahr für aufgeregte Diskussionen gesorgt.

 

a) Neue Voraussetzungen für die Befreiung

Für langfristig in China tätige Ausländer galt vor der Steuerreform die sogenannte „5-Jahre-Regelung“. Entsprechend wurden Ausländer erst mit ihrem Welteinkommen in China besteuert, nachdem sie sich für einen Zeitraum von mehr als fünf (5) aufeinander folgende Jahre in China aufgehalten haben. Die Besteuerung des Welteinkommens nach 5 Jahren konnte durch die Einlegung einer „Tax-Break“ innerhalb der 5-Jahre vermieden werden, d.h. durch einen Aufenthalt außerhalb Chinas für die Dauer von mehr als 30 Tagen am Stück oder 90 Tagen kumulativ innerhalb eines Kalenderjahrs.

 

Mit den neuen Implementierungsvorschriften zum IIT-Gesetz wurde klargestellt, dass es bei dieser Ausnahme für Ausländer verbleibt und eine Besteuerung des Welteinkommens in Zukunft sogar erst nach Ablauf von sechs (6) Jahren erfolgt. Innerhalb des Zeitraums von 183 Tagen bis 6 Jahren ist ein Ausländer damit aus steuerlicher Sicht zwar in China ansässig, er wird aber von der Besteuerung des Welteinkommens befreit.

 

Die Bekanntmachung Nr. 34 konkretisiert insoweit wie folgt:

 

  • Die Zählung der Aufenthaltsdauer für alle ausländischen Steuerpflichtigen in China wird ab dem Jahr 2019 einheitlich auf „Null“ zurückgesetzt, unabhängig davon wie lange die jeweilige Person sich davor bereits in China aufgehalten hat.
  • Ein ausländischer Steuerpflichtiger kann die Zählung der Aufenthaltsdauer in China nach 2019 jederzeit wieder auf „Null“ zurücksetzen, indem er einen Aufenthalt außerhalb Chinas für mehr als 30 aufeinander folgende Tage innerhalb eines Kalenderjahrs einlegt. Nach der neuen Regelung wird ein Aufenthalt außerhalb Chinas für die Dauer von mehr als 90 Tagen kumulativ innerhalb eines Kalenderjahrs bei der Zählung der Aufenthaltsdauer nicht mehr berücksichtigt.
  • Ein ausländischer Steuerpflichtiger unterliegt in China ab dem 7. Kalenderjahr mit seinem Welteinkommen der Besteuerung in China, wenn diese Person:
    • sich jedes Jahr mehr als 183 Tage in China aufgehalten hat, und zwar für einen Zeitraum von sechs (6) aufeinander folgenden Kalenderjahren ab 2019; und
    • innerhalb der sechs (6) Jahre keinen Aufenthalt außerhalb Chinas für mehr als 30 Tage am Stück eingelegt hat; und
    • sich in dem 7. Jahr ebenfalls mehr als 183 Tage in China aufgehalten hat.

 

Grafik IIT-Reform.png

 

Im Rahmen des neuen IIT-Gesetzes ist daher eine „Tax Break“ in einer der folgenden Formen denkbar:

 

  • Aufenthalt außerhalb Chinas für mehr als 30 Tage am Stück; oder
  • Aufenthalt innerhalb Chinas für weniger als 183 Tage in einem Kalenderjahr.

 

Nach Ablauf von 6 Jahren kann die Besteuerung des Welteinkommens nur vermieden werden, wenn der Steuerpflichtige sich im siebten (7.) Kalenderjahr für weniger als 183 Tage in einem Kalenderjahr in China aufhält. Eine Ausreise für 30 Tage kann die Zählung dann nicht mehr auf „Null“ setzen.

 

b) Ermittlung der Aufenthaltsdauer

Für die Zwecke der Ermittlung der genauen Aufenthaltsdauer in China wird der Tag nicht mitgezählt, an dem die Person sich weniger als 24 Stunden in China aufhält.

 

Beispiel „Herr Cheung“:

  • Herr Cheung ist Hongkonger und arbeitet in Shenzhen (Mainland China).
  • In 2019 pendelt Herr Cheung jede Woche zwischen Hongkong und Shenzhen, am Montag fährt er nach Shenzhen und am Freitag kehrt er wieder nach Hongkong zurück.
  • Da Herr Cheung sich am Montag und am Freitag weniger als 24 Stunden in Mainland China aufhält hat, beträgt seine Aufenthaltsdauer jede Woche entsprechend 3 Tage.

 

Entsprechend würde der Steuerstatus von Herrn Cheung wie folgt bewertet:

 

Angenommen Herr Cheung arbeitet im Jahr 2019 insgesamt 52 Wochen in China, dann beträgt seine Aufenthaltsdauer in China in diesem Kalenderjahr 156 Tage. Somit ist Herr Cheung in China nicht steueransässig.

 

To Do für Ausländer und deren Arbeitgeber:

  • Jährlicher Review über die Aufenthaltsdauer in China
  • Bei Bedarf „Tax Break“ rechtzeitig planen.

 

2. Kurzfristige Entsendungen nach China: Betriebsstätte und Split-Positionen

Sofern die Entsendung eines Mitarbeiter unter 183 Tagen in China bleibt, ist dieser aus steuerlicher Sicht grundsätzlich nicht ansässig. Wichtige Anwendungsfälle der kurzfristigen Entsendung sind die Entsendung eines ausländischen Mitarbeiters auf eine sog. steuerliche Betriebsstätte sowie die Übernahme einer Teilzeitposition in China neben einer Position im Ausland (sog. Split-Positionen). Bei den nachfolgenden Darstellungen werden wir uns auf diese beiden Fallgestaltungen beschränken.

 

a) Neue Berechnungsmethode der Steuer

Die Berechnungsmethode für die Berechnung der Steuer wird in den oben genannten Fallgestaltungen zukünftig wie folgt angepasst.

 

  • Vor 2019: Splittung der Steuer gemäß dem Aufenthalt in China

Früher wurde die in China anfallende Steuer wie folgt ermittelt: Zuerst wurde der gesamte Steuerbetrag auf Basis des gesamten Monatsgehalts berechnet. Die Steuer in China wurde dann entsprechend der Arbeitstage in China anteilig berechnet (Steuer in China = gesamter Steuerbetrag * Arbeitstage in China/Kalendertage des jeweiligen Monats).

  • Ab 2019: Splittung der Einnahme vor Steuerberechnung

Ab 2019 wird zuerst das Gehalt aus chinesischer Quelle entsprechend der Arbeitstage in China ermittelt (Gehalt aus chinesischer Quelle = gesamte Einnahme * Arbeitstage in China/Kalendertage des jeweiligen Monats). Auf Basis des anteiligen Gehalts aus chinesischer Quelle wird dann die Einkommensteuer berechnet.

 

Beispiel „Herr Schmidt“:

Herr Schmidt ist nicht in China steueransässig und wurde von seinem Arbeitgeber in Deutschland im Oktober 2018 auf eine Betriebstätte in Peking für 3 Tage entsandt.

 

 

Berechnung vor 2019

Berechnung ab 2019

Bruttoeinnahme in April

50.000 RMB

50.000 RMB

Freibetrag

5.000 RMB

5.000 RMB

Steuerpflichtige Einnahme in China

45.000 RMB

(50.000 – 5.000 = 45.000 RMB)

0

(50.000 * 3/30 – 5.000 = 0 RMB)

Steuersatz

30%

/

QCD

4410

/

Steuer

909 RMB

[(45.000* 30% - 4410) * 3/30 = 909 RMB]

0

 

Nach der neuen Berechnungsformel muss Herr Schmidt also keine Steuer mehr für seinen Aufenthalt in China zahlen.

 

b) Ermittlung der Arbeitstage in China

Für die Zwecke der Steuerberechnung wird die Aufenthaltsdauer in China anders berechnet als bei der Feststellung der steuerlichen Ansässigkeit (siehe oben im Beispiel „Herr Cheung“ unter 1). Bei Ermittlung der Arbeitstage für die Zwecke der Steuerberechnung wird der Tag als ein halber Tag (0.5 Tag) gezählt, an dem sich die Person sich weniger als 24 Stunden in China aufhält.

 

In dem Beispiel von Herrn Schmidt würde seine Arbeitszeit in China entsprechend z.B. 3 Arbeitstage betragen, wenn er an einem Montag in Peking ankommt und Donnerstag wieder zurück nach Deutschland fliegt (Montag und Donnerstag als Tage der An- und Abreise jeweils 0.5 Tage + Dienstag und Mittwoch 2 volle Arbeitstage in Peking).

 

To Do für Ausländer und deren Arbeitgeber:

  • Steuerberechnung bei kurzfristigen Entsendungen anpassen.

 

3. Abgabe Steuererklärung

Eine Person ohne Wohnsitz in China muss bei der ersten Steuererklärung in China ab 2019 nach Maßgabe der geplanten Aufenthaltsdauer selbst bestimmen, eine Steuererklärung als steuerlich ansässige Person (mehr als 183 Tage) oder nicht steuerlich ansässige Person (unter 183 Tage) abzugeben.

 

Wenn eine Person sich als nicht ansässig deklariert hat, nach Ablauf des Kalenderjahrs aber als in China ansässig betrachtet wird (z.B. der Aufenthalt dauert länger als geplant), hat er die daraus entstehende Differenz im Rahmen der Steuerabrechnung in dem folgenden Jahr (März bis Juni) zu deklarieren. Wenn vorgesehen ist, dass diese Person innerhalb des jeweiligen Kalenderjahrs China verlassen und auch nicht wieder einreisen wird, kann die Steuerabrechnung auch vor der Ausreise durchgeführt werden. Die Besteuerungsmethode innerhalb des jeweiligen Kalenderjahres bleibt unabhängig von der Statusänderung jedoch zuerst unverändert.  

 

Wenn eine Person sich als ansässig deklariert hat, wegen Verkürzung der Aufenthaltsdauer in China faktisch aber als nicht ansässig gilt, muss sich diese Person nach Feststellung des Status als nicht ansässige Person die Differenz bei der zuständigen Steuerbehörde für die Zwecke einer Rückerstattung deklarieren, und zwar spätestens innerhalb der ersten 15 Tage in dem folgenden Kalenderjahr

 

To Do für Ausländer und deren Arbeitgeber:

  • Gute Planung der Arbeitskalender vor der Mitarbeiterentsendung nach China
  • Laufende Überwachung des Status als Steuerpflichtiger in China
  • Rechtzeitige Anmeldung bei Änderung des Status in China